Frau Stadtverordnetenvorsteherin, meine Damen und Herren,
liebe Gäste,
zuerst: Ja, es gab eine einigermaßen gute Zusammenarbeit zwischen den
Fraktionen. Und ja, die Verwaltung hat einige Sparvorschläge vorgelegt. Dafür
bedanken wir uns. Aber das reicht nicht. Nicht ansatzweise.
Zur Finanzlage: die ist nicht nur prekär – das ist ein Desaster.
Im ordentlichen Ergebnis haben wir ein Defizit von 25,5 Millionen Euro.
Der Finanzhaushalt schließt mit einem Defizit von 22,2 Millionen Euro ab.
Der Höchstbetrag der Liquiditätskredite wird auf 20 Millionen Euro
festgesetzt.
Und das wäre heute leicht um vier Millionen Euro niedriger, wenn Sie
unseren Antrag von BfB und VuA zur Kapitalzuführung der MEGB unterstützt
hätten. Aber Sie haben nicht.
Sie bauen sehenden Auges einen Schuldenberg auf, der unsere Stadt auf
Jahre hinweg lähmt. Diese Koalition verschiebt Probleme – und nennt das
dann Politik. Dieser anwachsende Schuldenberg wird nur sehr schwer
zurückzuzahlen sein.
Die Grundsteuer B wird auf 1000 Punkte festgesetzt so wie wir das als BfB-
Fraktion zusammen mit der VuA beantragt haben. Schade, dass die CDU nicht
in der Lage ist unseren bereits seit längerem eingereichtem Änderungs-Antrag
mit den 1000 Punkten zuzustimmen. Das ist ein parteitaktisches Spiel.
Im Übrigen könnten wir heute diese 1000 Punkte weiter reduzieren wenn
einigen Anträgen der Opposition zugestimmt würde. 1000 Punkte treffen
Eigentümer, Mieterinnen, Mieter, Unternehmen. Menschen, die ohnehin
schon kämpfen. Und das, obwohl es mit ein bisschen Mut und über den
parteipolitischen Schatten springen sogar unter 1000 hätte bleiben können.
An diese Menschen denken wir und haben daran gearbeitet, dass es keine
1740 Punkte und keine 1275 Punkte Grundsteuer B wurden. Und wir fühlen
uns verpflichtet, daran zu arbeiten, dass die 1275 für das nächste Jahr nicht
kommen werden. 1275 Punkte und 1660 Punkte – mit uns niemals – auch
nicht nach der nächsten Kommunalwahl !
Die Gewerbesteuer bleibt bei 390 Punkten obwohl die Kommunalberatung
ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bei 400 Punkten – das ist unser
Antrag von BfB und VuA – Einzelunternehmer und Personengesellschaften
nicht belastet werden. Aber was macht diese Koalition? Lehnt ab. Keine
Argumente. Keine Zahlen. Nur Bauchgefühl. Der Sachverstand der
Kommunalberatung wird abgelehnt – Ideologie regiert !
Als BfB-Fraktion bedanken wir uns ausdrücklich für die Arbeit des
Bürgernetzwerkes. Bei einem Fach-Gespräch der Steuerberater der MEGB
und des Bürgernetzwerkes wurde einhellig eine Teil-Auflösung der
Kapitalrücklage und Auszahlung an die Stadt Bensheim für realisierbar
eingestuft – und zwar ohne steuerliche Belastung. Nach langer Verzögerung
kam dann von der MEGB das o. k., dass sich das so verhält. Vertuschen und
vernebeln ging nicht mehr.
Als wir als BfB-Fraktion 2014 einen Antrag auf Teilrückzahlung gestellt hatten
wurden wir und die STVV falsch informiert. Dort wurde uns mitgeteilt, dass
dann Steuern anfallen würden. Jetzt, ein Jahrzehnt später, wird unser
Vorschlag plötzlich als sinnvoll erkannt. Frage: Wie kann man bei so
gravierenden Falsch-Auskünften überhaupt noch Vertrauen haben – in
Verwaltung wie Politik?
Sie wollen die MEGB die Parkhäuser übernehmen lassen – ohne zu wissen,
was steuerlich auf die Stadt zukommt. Grunderwerbsteuer? Risikoanalyse?
Fehlanzeige.
Das ist nicht nur vorschnell. Das ist fahrlässig. Deshalb: Unser
Änderungsantrag – um Zeit zu gewinnen, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen.
Meine Damen und Herren,
diese Koalition aus CDU, SPD und FDP haben die Zeichen der Zeit nicht
erkannt oder nicht erkennen wollen. Die Alarmzeichen im Haushalt 2024
haben Sie nicht genutzt. Bereits 2024 haben wir gewarnt: laut und deutlich !
Die Zahlen bei der Verabschiedung des Haushaltes 2024:
12,4 Millionen Euro Defizit im Ergebnishaushalt
15,8 Millionen Minus im Finanzhaushalt
Über 11 Millionen Euro neue Schulden. Was haben Sie getan? Nichts.
Keine Haushaltssperre, keine Personalbremse, kein strategisches Umsteuern.
Alarmzeichen erkannt ? Völlige Fehlanzeige. Ich zitiere mich selber aus der
HH-Rede 2024:
1. Zitat: „Die Stadt Bensheim braucht im Grunde eine Beratungsfirma, die ihr hilft, Bürokratie abzubauen, die Punkte zu identifizieren, die für eine Zusammenarbeit in Frage kommen, die den Personaleinsatz stärker und beweglicher steuert. Etc. etc.“ Zitat Ende.
Jetzt – immerhin – tauchen dafür 250.000 Euro im Entwurf auf. Viel zu
spät.
Meine Damen und Herren,
für diese finanzielle Situation gibt es Mitverantwortliche und die werden wir
klar benennen:
- CDU, SPD, FDP: Sie haben den Beginn der Krise nicht erkannt oder nicht
erkennen wollen. Die Erfüllung ihrer gegenseitigen Wünsche stand im
Vordergrund. Ihre Ablehnung von Einsparanträgen muß auf Sie
zurückfallen.
- Bürgermeisterin: Warum wurden keine Rückschlüsse aus
Unternehmensdaten gezogen? Sirona und TE Connectivity berichten Vierteljährlich. Warum gab es kein Frühwarnsystem?
Warum keine Ausgabenbremse nach Bekanntwerden der Kurzarbeit ?
- Land und Bund: Kommunen werden allein gelassen – bei immer mehr
Aufgaben ohne Gegenfinanzierung. Von wegen wer bestellt bezahlt – alles
leere Worthülsen !
- Kreis Bergstraße: Statt zu sparen, gönnt man sich 22 neue Stellen – und
reicht die Kosten über die Kreisumlage an uns weiter, siehe BA von
gestern. Der Kreis wurde vom RP Darmstadt zum Sparen aufgefordert.
Zurück zu 2024: den riesigen Einbruch der Gewerbesteuer 2024 von rund
37 Mio Euro und von 8,5 Mio Euro in 2025 hätten wir nicht abfangen
können.
Wir hätten aber deutlich vorher Sparmaßnahmen ergreifen können und
müssen. Und unsere Rücklagen könnten deutlich höher sein. Was uns und
unseren Bürgerinnen und Bürgern natürlich bei der Bewältigung der Krise
geholfen hätte.
Meine Damen und Herren,
BfB und VuA beantragen heute, dass die Stadtverordnetenversammlung
die oberste Kommunalaufsicht in Hessen auffordert, den
Konsolidierungszeitraum für die Bensheimer Finanzsituation auf 10 Jahre
festzulegen. Wir haben alle anderen Fraktionen eingeladen, sich dem
Antrag anzuschließen.
Uns wurde geantwortet, der Antrag wäre überflüssig und dann würde der
Druck zum Sparen rausgenommen.
Dabei ist eines doch klar: Durch eine Verlängerung des
Konsolidierungszeitraumes für die Lösung der Bensheimer Finanzsituation
könnte die Sanierung der Bensheimer Finanzen sehr viel sozialverträglicher
stattfinden. Und es verstärkt doch die Position der Bürgermeisterin und der
Verwaltung in den Gesprächen mit der oberen und der obersten
Kommunalaufsicht wenn die STVV dies gemeinsam beschließt!
Meine Damen und Herren,
das Haushaltssicherungskonzept lehnen wir ab. Dort sind im Jahr 2026
1275 Punkte Grundsteuer B vorgesehen und für die Jahre 2027 und 2028
sogar 1660 Punkte. Das ist völlig inakzeptabel. Was hier vorgelegt wird, ist
kein Konzept – es ist ein einfallsloses Drohszenario. Nein, nicht mit uns !
2024 hatte die Koalition Verkäufe von Gebäuden für das HH-
Sicherungskonzept vorgeschlagen. Das waren die drei Immobilien, die wir
als BfB bereits beantragt hatten: Alte Gerberei, Stadtkeller, Rodensteinstr.
8. Warum die Rodensteinstraße 8 und das Hoffart-Gelände nicht längst
verkauft sind ist eine der ungelösten Fragen an diese Magistratsspitze.
Das sind Verkäufe, die für Einnahmen sorgen; Schulden reduzieren und die
Kosten in den Folgejahren vermeiden.
Meine Damen und Herren,
die FDP stimmt der Grundsteuer B Erhöhung nicht zu – hat aber keinen
einzigen eigenen Änderungs-Antrag eingereicht. Was ist das den für eine
Koalition wo ein Vertragspartner die Grundsteuer B Erhöhung ablehnt und
vor den Bürgerinnen und Bürgern glänzen will aber ohne auch nur einen
einzigen eigenen Änderungs-Antrag hier vorzulegen. Das ist die Verweigerung
von Verantwortung, das ist nur Show-Politik.
Und ganz nebenbei die FDP hat – ohne dass das notwendig war
Ausrufezeichen – die Grundsteuer B in dieser Wahlperiode bereits ab Januar
2022 von sage und schreibe 480 auf 620 Punkte erhöht und die
Gewerbesteuer von 375 auf 390 Punkte. Da waren Sparmaßnahmen
notwendig aber keine Steuererhöhungen. Das wollen wir mal nicht
vergessen. Das erinnert alles an das Ende der Ampelkoalition auf
Bundesebene. Und ich kann und will Ihnen nicht ersparen was Sie im
Koalitionsvertrag vereinbart haben. Ich zitiere:
„Die Hebesätze, unter anderem die Gewerbesteuer, bleiben stabil. Soweit
sich die Möglichkeit ergibt, soll die Grundsteuer gesenkt werden. Wir werden
die Grundsteuerreform aufkommensneutral umsetzen.“
Der Koalitionsvertrag war noch keine 6 Monate alt da haben Sie bereits die
Gewerbesteuer und die Grundsteuer B angehoben.
Meine Damen und Herren,
in Bensheim gibt es eine Koalition, die Hilfestellung von der Opposition
benötigt. Als BfB-Fraktion übernehmen wir in dieser prekären Situation
Verantwortung. Wir werden dem HH-Entwurf 2025 zustimmen – ebenfalls der
Grundsteuer B-Erhöhung auf 1000 Punkte. Das HH-Sicherungskonzept werden
wir ablehnen – das ist uns zu mager und 1275 Punkte und 1660 Punkte
Grundsteuer B für die Zukunft tragen wir nicht mit. Wenn unser Änderungs-
Antrag zur Stellenbesetzungssperre mit Ausnahmen und Einsparungen im
Personalbereich nicht angenommen wird, dann lehnen wir den Stellenplan
ab. Als BfB-Fraktion lassen wir uns nicht einlullen. Wir sind Opposition und
nehmen unsere Rolle ernst. Kontrolle statt wegsehen. Und ich denke, dass
wir diese wichtige Funktion in der Demokratie auch verantwortungsbewußt
wahrnehmen.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen beiden Kolleginnen für die gute
Zusammenarbeit: Danke Barbara und danke Ulrike und bei der VuA-Fraktion
für die gute Zusammenarbeit.