STVV 16.12.2021 „Haushaltsrede 2022“, Franz Apfel

Frau Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert,

meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste,

als erstes bedanken wir uns für die Antworten auf unsere Fragen zum

Haushaltsentwurf 2022 bei Stadtrat Oyan und der Verwaltung.

Nach den Beratungen im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) verringert

sich das maßgebliche ordentliche Ergebnis auf ein Defizit von rund 8,5 Mio

Euro, das sind immerhin 882.986 Euro weniger als vor der HFA-Sitzung.

Und da ist weiteres Sparpotential möglich, wenn zumindest einigen

weiteren Anträgen der BfB und der FWG zugestimmt worden wäre. Das

Jahresergebnis verbessert sich auf ein Defizit von rund 7,6 Mio Euro.

Ein Defizit von 7,6 Mio Euro und das trotz drastischer Erhöhung der

Grundsteuer B und der Gewerbesteuer.

Meine Damen und Herren,

die Rolle der Opposition ist eine wichtige Rolle. Sie muß auf Versäumnisse

und Fehler hinweisen und dort unterstützen wo richtig gehandelt wird.

Genau das werden wir als BfB tun. Eine Opposition die kuschelt und als

Ersatzkoalition bereitsteht ist keine gute Opposition.

Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, da hat die Deutschland-Koalition in

ihrem Vertrag folgendes beschlossen, Zitat: „Hierbei streben wir einen

ausgeglichenen Haushalt an, es sollen keine neuen Schulden gemacht,

sondern diese schrittweise abgebaut werden.“ Und weiter: „Die Hebesätze,

unter anderem die Gewerbesteuer, bleibt stabil – ich wiederhole: bleibt

stabil ! Soweit sich die Möglichkeit ergibt, soll die Grundsteuer gesenkt

werden.“ Diese Vereinbarung wird bereits ein halbes Jahr später eklatant

gebrochen.  Sie legen ein giftiges Paket unter den Weihnachtsbaum.   

Die Anhebung beider Steuerarten in Bensheim ist ein verheerendes Signal für

die Bürgerinnen und Bürger und für die Firmen in Bezug auf die

Glaubwürdigkeit dieser Koalition. Politiker haben kein gutes Image – wir

sprechen gerade darüber warum das so ist.

Für uns ist es völlig unverständlich das die Grundsteuer B um satte 160

Punkte auf 640 Punkte angehoben werden soll. Jetzt erst 2023. Das ändert an

der Grundaussage aber nichts. Dadurch erhöhen sich die ohnehin hohen

Mietkosten in Bensheim, was von der SPD immer beklagt wird. Sie gehören

aber ab heute mit zu den Verantwortlichen dafür.  

Die Grundsteuer B wird auf die Mieter umgelegt, zusammen mit den viel

höher werdenden Heizkosten ein schlimmes Signal an viele Haushalte. Die

Menschen, die wir zu vertreten haben, denen geht es in der Regel nicht so gut

wie den allermeisten hier im Saal. Und die trifft das richtig hart ! Neben den

Mietern trifft es auch die hart, die sich gerade noch so eine

Eigentumswohnung oder ein Haus leisten konnten.

Und die Generation Bensem (FDP): immer vollmundig im Einsatz für

ausgeglichene Haushalte, für Reduzierung der Schulden, gegen Erhöhung der

Steuern. Ich lobte dann die FDP, die gerade erklärt hatte, dass sie gegen den

Haushalt stimmt, muß dann aber das Lob zurücknehmen. Die FDP enthielt 

sich nur und sicherte dadurch die Mehrheit für den Haushalt – an

Doppelzüngigkeit schwer zu überbieten.

Meine Damen und Herren,

es gibt jetzt Versuche, die Steuererhöhungen auf Versäumnisse der alten

Koalition abzuschieben. Dazu die Fakten aus dem HH 2020:

Der ordentliche Haushalt im Plus ! Der außerordentliche Haushalt im Plus !

Das Jahresergebnis wird mit gut 2,6 Mio Euro geplant. Der Finanzhaushalt

wird zum Jahresende 2020 mit gut 5,6 Mio Euro im Plus geplant.  Alles wurde

natürlich beim Abschluss besser.

Kein Zinsrisiko vorhanden. Ein Kassenkredit mußte 2018 nicht aufgenommen

werden. Die Altfehlbeträge – 2014 lagen die bei sage und schreibe 25 Mio

Euro – vollständig abgebaut. Und die Kasse war gut gefüllt. Soweit dazu.   

Meine Damen und Herren,

es fällt Ihnen jetzt auch auf ihren Fuß, dass Sie auf den Infrastrukturkosten-

zuschuss bei der Bebauung des Alten Stellwerkes/Dammstraße verzichtet

haben. Natürlich werden dort auch Kinder wohnen, was den sonst. Das haben

sie  zu verantworten ! Die Kosten bleiben bei der Stadt.

Meine Damen und Herren,

so etwas gab es im Juli schon mal: eine Koalition bringt ihre Anträge im

HFA durch und lässt den Haushaltsplan scheitern. Da stimmt doch was

in der Systematik nicht ! Und deutlich wird, dass Sie mit der Arbeit des

hauptamtlichen Magistrats nicht zufrieden sind. Da besteht

Übereinstimmung ! 

Heppenheim senkt die Grundsteuer B ab 2022 von 370 auf 360 Prozent,

Heppenheim senkt die Gewerbesteuer von 380 % auf 360 % ab 2022.

Übersetzt bedeutet das, dass die Bensheimer Betriebe bei der Gewerbesteuer

30 und 2023  35 Punkte mehr bezahlen müssen als in Heppenheim. Das ist

eine gefährliche Spanne !

Bei der Grundsteuer B bedeutet das, dass man in Bensheim 280 Punkte mehr

bezahlen muß als in Heppenheim. Und geradezu lässig mit Blick natürlich auf

Bensheim lässt der Heppenheimer Bürgermeister verlauten: wir können die

Erhöhung der Kreisumlage bezahlen. Ja, man kann nicht Äpfel mit Birnen

vergleichen aber auch ja: hier klaffen mittlerweile Welten auseinander, die

deutlich machen, dass woanders gehandelt wurde.

Spätestens Mitte 2020 wo wir mit einem Zuschuss von 19 Mio Euro für die

ausgefallenen Gewerbesteuer gerettet werden mußten, hätte der

Finanzdezernent handeln müssen ! Und wenn der nicht gehandelt hätte

natürlich die Bürgermeisterin.

Und eines ist doch klar: Die große Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger

versteht unter HH-Konsolidierung nicht die Erhöhung der Grundsteuer

B und der Gewerbesteuer sondern Einsparmaßnahmen und Entscheidungen,

die in die Zukunft wirken und weniger Ausgaben verursachen werden.

Beispielweise die Klärung Verkauf des Anteils der TG Guntrum-Gelände und

beispielweise Klärung wie es mit der stark sanierungsbedürftigen TG Beauner

Platz weitergeht. Zu beiden Themen haben wir heute Anträge gestellt. 

Herr Stadtrat Oyan,

Sie haben in ihrer HH-Rede darauf hingewiesen, dass die Geduld der

Kommunalaufsicht sich erschöpft, haben dann an mehreren Stellen

Vorschläge zum Sparen anklingen lassen oder zumindest Fragezeichen

gesetzt, aber keinen dieser Punkte im Haushalt umgesetzt. Keinen !

Und schlimmer: kein einziger der Punkte, die im HfA am 12.7.2021

beschlossen wurden ist umgesetzt worden. Die CDU hat sie deswegen im BA

vom 30.11.2021 zu Recht scharf kritisiert. Das sie auch anders können haben

sie zu Beginn ihrer Amtszeit bewiesen.  

Übrigens orientieren sich die abgelehnten Anträge der BfB ganz klar am

Beschluss des HFA  vom 12.7.2021 und natürlich an den Ausführungen der

Kommunalaufsicht !

Meine Damen und Herren,

es gibt eine Alternative zur Erhöhung der Steuern ! Stadtrat Oyan sagte, wir

müssen einen ausgeglichenen Haushalt 2023 vorlegen. Da gibt es mindestens

zwei Möglichkeiten dazu:

  1. Wir beschließen heute weitere Einsparvorschläge, auch einige Anträge von der BfB. Wir setzen für die Folgejahre ab 2023 eine Erhöhung der Steuern ein mit unserem klaren Ziel, dass wir im nächsten Jahr ein HH-Konsolidierungskonzept beschließen, dass diesen Namen verdient und die Steuererhöhungen überflüssig macht.
  2. Noch besser wäre es, wir verschieben die Verabschiedung des Haushaltsplanes auf die Februar-Sitzung 2022 und setzen bis dahin alles daran, dass da bereits die erforderlichen Maßnahmen im HH-Konsolidierungskonzept und Summen für die Folgejahre hinterlegt werden können. Und zusätzliche Einsparvorschläge der Fraktionen bis dahin kommen. Wir wären da dabei, aber für die Papiertonne arbeiten wir nicht. Dazu haben wir einen Änderungs-Antrag gestellt.

Meine Damen und Herren,

mit Stand Beratung des HFA wissen wir, das die Gewerbesteuereinnahmen

2021 deutlich höher liegen als im HH beschlossen. So um die 50 Mio Euro. Das

wird uns helfen.

Auf eine Frage der BfB zur Anerkennung des steuerlichen Querverbundes

wissen wir dass das Finanzamt ab 2017 die Anerkennung derzeit prüft. Das

wurde in den zurückliegenden Jahren immer anerkannt und es gab einen

Millionenbetrag für die Stadtkasse. Es gab dazu keine Gesetzesänderung. Das

wird uns helfen !

Den beiden Börsennotierten Unternehmen Sirona und ehemals Tyco geht es

sehr gut – nachzulesen bei deren Quartalszahlen auch im BA. Da lässt sich

etwas mehr als erwartet bei den Gewerbesteuerzahlen 2022 einplanen. Das

wird uns helfen.

Und dann müssen wir Einsparungen vornehmen, das

Haushaltskonsolidierungskonzept, die 10 Punkte aus dem HFA müssen

schlicht und einfach umgesetzt werden.

Und für die direkt vor uns liegende Zukunft: unser Stadt muß eine

Wertabschöpfung auf dem Sanner-Gelände durchsetzen. Da wird

Gewerbegebiet zu Wohngebiet in guter Lage. Da wird es geschätzt um die 300

Euro Gewinnsteigerung pro qm geben. Da gilt es im Interesse unserer Stadt zu

handeln und weniger darum schöne Bilder mit dem ehemaligen !

„Familienunternehmen“ zu produzieren!

Und die Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Punkte auf 395 % kann uns voll

auf die Füße fallen. Börsennotierte Unternehmen können steuerlich legal

Änderungen vornehmen die dazu führen, dass wir in Bensheim in den

nächsten Jahren trotz Erhöhung plötzlich weniger Gewerbesteuer haben.

Davor warnen wir ausdrücklich !    

Meine Damen und Herren,

es geht natürlich nicht so, dass  Sie beispielweise den Antrag der BfB zu den

Personalkosten ablehnen. Wir haben dort mit der 6monatigen

Wiederbesetzungssperre eine Maßnahme beantragt, die wir als Stadt im

ausgelaufenen Haushaltssicherungskonzept bei besseren Zahlen erfolgreich

angewendet haben. Das ist die Maßnahme zur praktischen Umsetzung des

Punktes Personalkosten im Beschluss HFA am 12.7.2021, das lehnen sie ab.

Sie leisten sich parteiisch geprägte Patzer.  

Stattdessen beantragen Sie die Streichung einer Stelle, die mit einem

Sperrvermerk belegt und gar nicht besetzt ist, dieser Änderungs-Antrag ist

zum Glück von Ihnen zurückgezogen worden, den dahinter verbirgt sich eine

Pflichtaufgabe.  

Sie haben am 12.7.2021 im HFA u.a. beschlossen, dass Immobilien auf den

Prüfstand gestellt werden und der Verkauf geprüft werden muß. Das ist eine

von vielen richtigen Maßnahmen. Zwei Anläufe dazu haben wir mit Anträgen

unternommen. Sie lehnen immer ab. Sie lehnen ab ohne eigene konkrete

Vorschläge zu machen. 

Meine Damen und Herren,

wir haben als BfB-Fraktion keinen einzigen Antrag auf Steigerung der Kosten

gestellt sondern nur Kürzungen und strukturelle Änderungen vorgeschlagen.

Der notwendige Klimaschutz ist mit der Bundestagswahl nicht zu Ende.

Deshalb stimmen wir dem Antrag der Grünen auf Erhöhung der Ausgaben für

Photovoltaik-Anlagen zu. Und der Klimaschutztag könnte unter

Verantwortung der GGEW durchgeführt werden, wir haben dazu einen

Änderungs-Antrag gestellt.

Den Antrag der Koalition auf einen Sperrvermerk bei der Schönberger

Schloßmauer haben sie zurückgezogen, das war auch notwendig, denn die

Bauwerksüberprüfung ergab eine dauerhafte Beeinträchtigung der

Stützmauer.

Bei Ihrem Änderungs-Antrag zu den KITA-Gebühren bitten wir der

Stellungnahme der Verwaltung zu folgen. Da spricht einiges dafür, dass die

Erhöhungen erst ab August 2022 vorgenommen werden. Wir haben dazu

einen Änderungs-Antrag gestellt.     

Ansonsten sehen wir bei den Einspar-Anträgen eine große Übereinstimmung

mit den Anträgen der Koalition und weisen aber ausdrücklich daraufhin, dass

da noch mehr möglich gewesen wäre.  

Meine Damen und Herren,

die Koalition will 2024 den HH-Ausgleich schaffen und dann die Steuern 

wieder auf das heutige Maß zurückführen, so steht es in ihrem HH-

Konsolidierungs-Antrag. Realität ist, dass Sie 2022 und dann nochmal 2023

die beiden Steuern erhöhen werden. Wer soll das also glauben ?, siehe ihr

Koalitionsvertrag  – das glaubt Ihnen niemand.

Haben sie doch alle drei die Erhöhung der Steuern ausgeschlossen.  Bei dem

HH-Konsolidierungskonzept werden wir uns aus dem Grunde enthalten, dass

die Grundlage des Antrages die Erhöhung der Steuern ist. Ansonsten hätten

wir zu diesem Punkte weitere Vorschläge gemacht, Stichwort: Stärkung der

Zusammenarbeit im Mittelzentrum Bergstraße, z. B. beim Bauamt mit

Zwingenberg, Einhausen und Lautertal. Es gibt da viele Punkte. Merkwürdig

ist Ihr Antrag für einen Immobilienfonds für die Dorfgemeinschaftshäuser –

was soll den daran attraktiv sein ? das ist eine gelbe Luftblase, bestenfalls

ein Taschenspielertrick. 

Meine Damen und Herren,

wir können es schaffen, den Haushalt wieder ins Lot zu bringen und zwar

ohne Steuererhöhungen und ohne die guten Strukturen unserer Stadt zu

zerstören.

Zwei der Möglichkeiten dazu habe ich für die BfB aufgezeigt.

Entscheiden muß die neue Koalition. Wir als BfB sind dazu bereit daran

mitzuarbeiten im Interesse der Bensheimerinnen und Bensheimer.