STVV 14.12.2023 „Vorkaufsrecht Neumarkt-Center“, Franz Apfel

Frau Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert,

meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, 

wer das Neumarkt-Gelände steuern will, der hat im Grunde zwei sehr 

wirksame Instrumente in der Hand. Da ist einmal der Bebauungsplan und da 

ist zum zweiten die Veränderungssperre. Damit sind wir in der Lage zu 

verhindern, dass dort etwas entsteht, das wir von der Höhe und der 

Größenordnung nicht wollen. 

Meine Damen und Herren,

ich gebe zu: das Projekt Neumarkt hat was Verführerisches. 

Endlich diesen städtebaulichen Mißstand zu beseitigen, der dort hätte nie 

entstehend dürfen, eine der CDU-Altlasten, die auch noch so schief in Szene 

gesetzt wurde, dass die Tiefgarage zwei Eigentümer hat und die sich 

gegenseitig blockieren können. Das kommt vom immer „Ja“ sagen.

Und noch was „Verführerisches“, der § 28.3 Baugesetzbuch sorgt dafür, dass 

keine Mondpreise bezahlt werden müssen. Die Stadt kann ein Gutachten 

über den Verkehrswert erstellen lassen und dieser Betrag wird dann zum 

Kaufpreis. Der § ist eine echte Verbesserung. Allerdings nur dann wenn der 

andere Käufer das Gutachten nicht mit einem eigenen Gutachten anfechtet. 

Und in diesem Bereich bewegen wir uns bei Immobilien-Firmen, die mit 

Boxhandschuhen umzugehen wissen. Ich sehe hier die Gefahr eines 

längeren Rechtsstreits.

Aber kommen wir zur ersten „Verführung“ zurück – die Beseitigung eines 

jahrelangen städtebaulichen Mißstandes. Am Ende des § 28.3 ist ein richtiger

Hammer formuliert, der uns entweder juristisch lahmlegt oder doch zu 

„Mondpreisen“ führen kann. Ich zitiere: „Führt die Gemeinde das Grundstück 

nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des 

Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in 

Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem 

Verkehrswert zu zahlen“.  Das ganze Verfahren enthält juristische Fallstricke, 

die angemessene Frist ist nur eine dieser Fallstricke. 

Meine Damen und Herren, 

ich betone, dass ich ein sehr schlechtes Gefühl bei dieser Vorlage habe. Und 

natürlich habe ich auch gute Gründe diese Vorlage abzulehnen.

Das es der Koalition scheinbar wirklich ernst ist, das Vorkaufsrecht 

auszuüben, das mußte ich im BAU und im HFA erfahren. 

Dort wurde u. a. bekannt, dass es Überlegungen innerhalb der Koalition 

gibt, die Pläne von Ex-Bürgermeister Herrmann aufleben zu lassen. Also dort 

ein neues Rathaus hinstellen, eine KITA und Weiteres. Allen Ernstes denkt 

man da also „ganz groß“. 

Sie bekommen noch nicht einmal einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt hin, 

verfrühstücken 2024 weitgehend die Rücklage – müssen 2026 die 

Grundsteuer B auf 800 Punkte hochziehen – und das ohne dieses Riesen-

Abenteuer sanierungsbedürftiger Neumarkt und sanierungsbedürftige 

Tiefgarage. Ich muß sagen: ganz schön mutig !

Meine Damen und Herren,

mit dem angedachten Verkauf des Rathauses ist bei Weitem kein neues 

Rathaus zu finanzieren. Das Riesen Abenteuer über den Haushalt der Stadt 

Bensheim zu finanzieren ist nicht möglich, das zerschlägt jeden Haushalt. 

Die Weitergabe an einen genehmeren Investor ist juristisch kaum möglich, 

siehe 28.3. Zumal auch ein „genehmerer“ Investor an den wirtschaftlichen 

Tatbeständen nicht vorbeikommt, sprich, auch der muß dann 

Eigentumswohnungen anbieten und nicht Mietwohnungen und auch der wird 

höher bauen wollen als uns lieb ist.

Meine Damen und Herren,

vielleicht wird auch daran gedacht, das Ganze über die MEGB abzuwickeln. 

Da lauern ebenfalls juristische Fußangeln und ob die Übertragung an die 

MEGB möglich ist, setzte ich ein dickes Fragezeichen. 

Zur Erinnerung, die MEGB hat bis heute ihren Schuldenstand aus der Zeit, wo 

diese gerettet werden mußte, bis heute noch nicht abgebaut. Der 

Verlustvortrag mit den Verbindlichkeiten beläuft sich zusammen ebenfalls 

jetzt schon auf eine zweistellige Millionensumme. Sie können das ja im 

MEGB-Haushalt, der öffentlich ist, nachlesen. 

Und an dieser Stelle wäre sich ehrlich machen angebracht. Damit alle auf 

einem ungefähr gleichen Kenntnisstand sind wäre es vernünftig wenn die 

Bürgermeisterin über das derzeitige MEGB-Großprojekt ehemaliges Kaufhaus 

Krämer uns alle näher informiert. 

Bei dem Thema sanierungsbedürftiger Neumarkt mit sanierungsbedürftiger 

Tiefgarage sprechen wir von mittleren zweistelligen Millionenbeträgen. Der 

Ankauf ist dabei das Geringste. Und dann müssen Sie im Sinne der 

Vorkaufsrechtsatzung tätig werden. Ein solches Großprojekt kann unsere 

Stadt gar nicht stemmen. 

Meine Damen und Herren,

ich sehe aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit den Neumarkt mit 

Tiefgargenanteil zu kaufen und neu zu bebauen und sanieren. 

Und wenn ich keine Möglichkeit sehe, dass die Stadt oder die MEGB das 

leisten kann, wenn eine Weitergabe an einen genehmeren Investor quasi 

ausgeschlossen ist, dann kann ich selbstverständlich auch kein Vorkaufsrecht 

beschließen.

Man hat mir im Ausschuss vorgeworfen, dass ich an den 3. und 4. Schritt 

denke und das jetzt ja nur der Beschluss des Vorkaufsrechts auf der TO steht. 

Aber das Rathaus und zumindest Teile der Koalition sind da doch schon ganz 

heiß in das Abenteuer zu reiten.

Und eines ist doch auch klar: sie beschließen das heute und das Bauamt ist 

auf absehbare Zeit mit dem Thema beschäftigt und nicht am Rande. 

Meine Damen und Herren,

vielleicht wird auch gleich noch größer gedacht, wenn man schon mal „groß 

denkt“. Vielleicht denken Sie an ein weiteres großes Gewerbegebiet. Aber 

das ist keine Lösung, diesen Zahn kann sich jede und jeder selber ziehen. Die 

fälligen Infrastrukturkosten freßen Geländeverkauf und Gewerbesteuer weg. 

Wir erleben das doch in diesem Haushalt. 

Sie werden das heute mit überwältigender Mehrheit beschließen.

Ich zitiere abschließend aus einem Artikel der SPD vom 4.12.2023: „Nach 

Auffassung von Fraktionschef Jürgen Kaltwasser seien auch hier Weitblick 

und Augenmaß gefragt, unter Abwägung sämtlicher Komponenten.“  Wenn 

das passiert, dann ist mir nicht bange !