STVV 11.11.2021 „Bebauungsplan BW 40 – südlich Fachmarktzentrum“, Dr. Ulrike Vogt-Saggau

Frau Stadtverordnetenvorsteherin,                                  

meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste

Und schon wieder soll eine Grünfläche in Bensheim versiegelt werden: das Gebiet südlich des Fachmarktzentrums.

Viele von Ihnen wissen sicherlich noch, wie das Gelände des Fachmarktzentrums aussah, bevor es zubetoniert wurde. Es war für die Bewohner der Weststatt eine „Grüne Oase“. Viele Menschen sind dort spazieren gegangen, haben sich getroffen, ein Schwätzchen gehalten, Vögel und Schmetterlinge beobachtet und sogar Kaninchen haben diesen Bereich bewohnt.

Das ist Vergangenheit.

Nun gibt es südlich des Fachmarktzentrums noch eine kleine grüne Restfläche – ein Grünstreifen, der den Weg ins Naturschutzgebiet „Erlache“ begleitet.

Nicht mehr lange, wenn der Bebauungsplan BW 40 heute in der STVV abgesegnet wird. Dieses kleine und eines der letzten Stückchen innerstädtischer Natur, – ein wichtiger Grün-Korridor –  wird dann auch versiegelt  – für einen Gewerbepark.

Im Bebauungsplan steht: Zitat „ Hierzu müssen alle Vegetationsbestände im Geltungsbereich des Plangebiets entfernt werden.“ Zitat Ende.

Das bedeutet, dass viele hundert Bäume und Sträucher gefällt werden. Ein wertvolles Biotop wird zerstört.

Wie soll sich da eine Natur in unserer Stadt noch halten können, wenn man ihnen überall die überlebensnotwendigen Biotope wegnimmt?

Es wird „negativ“ von Brache gesprochen – aber eine Brache ist ein ökologisch wertvolles Biotop.

Die Natur braucht auch Unordnung und Unkraut zum Überleben!

Auch unsere innerstädtische Natur benötigt Brachflächen als ökologische Nischen für viele Tierarten.

Schon durch den Bau des Fachmarktes auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände wurden viele große alte Bäume (überwiegend eine Allee aus Bienen anziehenden Robinien) gefällt und viele Tiere, Insekten und Vögel vertrieben.

Und nun droht die Vernichtung dieser restlichen Grünflächen entlang der Fabrikstraße.

Im Bebauungsplan ist zu lesen Zitat: „Die Fläche ist derzeit untergenutzt und eignet sich für eine städtebauliche Entwicklung“. Zitat Ende

Untergenutzt bedeutet, dass hier ein wichtiger Grün-Korridor über viele

Jahre entstanden ist – Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Zählt das gar nicht mehr? Werden Tiere und Pflanzen nur noch in

Naturschutzgebieten geduldet.

18 Vogelarten wurden in dem Gebiet gefunden. Zitat: „Als

Kompensationsmaßnahme für den Gartenrotschwanz (stark gefährdet, rote Liste 2) wird die Anbringung von 5 –10 Nistkästen empfohlen.“ Die Betonung liegt auf „empfohlen – nicht angeordnet!

Selbst vor Flächen direkt an der Bahnlinie, wo keiner auf die Idee kommen würde zu bauen,  schreckt man inzwischen in Bensheim nicht zurück. Hier werden nun die letzten großflächigen Grünflächen in der Weststadt in der Dammstaße und in der Fabrikstraße zubetoniert werden.

Der Bauwahn nimmt kein Ende..

Die BfB stellt sich nicht generell gegen Bebauungen. Wir unterstüzen viele Bauprojekte – sei es Wohnbau oder Gewerbe.

Aber: Wir sagen NEIN zur weiteren Versiegelung von Grünflächen in Bensheim.

Wir setzen uns ein für eine ökologische Stadtentwicklung – und das Argument „Innen- vor Außenverdichtung“ verliert langsam seine Legitimation, wenn dadurch die letzten Grünflächen geopfert werden müssen.  

Nach geltendem Baurecht kann der Bereich, der direkt an das Fachmarktzentrum grenzt, nach § 34 BauGB bebaut werden. Dem können wir zustimmen – aber nicht weiter.

Auch im Innenbereich brauchen wir Natur – sog. Stadtnatur.

Grün in der Stadt ist wichtig – lebenswichtig. Die positiven Effekte von Grünflächen, Bäumen und Sträuchern möchte ich nicht ausführen. Sie kennen sie alle – aber sie treten in den Hintergrund, wenn es um eine Bebauung geht.

Eine Nachverdichtung ist immer auch mit steigendem Verkehr verbunden – so natürlich auch hier.

Damit kommen wir zu einem weiteren Punkt, den wir als BfB nicht akzeptieren können: der zusätzliche Verkehr.

Die zusätzliche Verkehrsbelastung sowohl für die Wormser Straße als auch für die Rheinstraße, wird bagatellisiert. Übrigens die gleiche Vorgehensweise wie in dem Bauprojekt in der Dammstraße/Altes Stellwerk.

Dabei ist bereits seit Jahren bekannt, dass vor allem die Wormser Straße vom Autoverkehr überlastet ist – und auch die Schwanheimerstraße ist davon immer stärker betroffen.  Hinzu kommen in Kürze noch die Autos des Wohngebietes des alten EKZ und bald die des B-Planes Altes Stellwerk/Dammstraße, des Meerbachsportplatzes, der Fertigstellung des Euler-Gebietes und der alten Brotfabrik. Deshalb müssten auch sie erkennen, dass ohne eine Gesamtbetrachtung des Verkehrs nicht mehr laufen darf.

Wir sind grundsätzlich mit Gewerbeentwicklung einverstanden und haben viele Projekte unterstützt – aber hier ist unsere rote Linie überschritten.

Wir lehnen diesen Bebauungsplan ab.

Dem Änderungsantrag der Grünen zu den Radstreifen entlang der Fabrikstraße werden wir zustimmen, da diese den Fahrradfahrern grundsätzlich Sicherheit bieten.