Frau Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert,
meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste,
als erstes bedanken wir uns für die Antworten auf unsere Fragen zum
Haushaltsentwurf 2022 bei Stadtrat Oyan und der Verwaltung.
Nach den Beratungen im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) verringert
sich das maßgebliche ordentliche Ergebnis auf ein Defizit von rund 8,5 Mio
Euro, das sind immerhin 882.986 Euro weniger als vor der HFA-Sitzung.
Und da ist weiteres Sparpotential möglich, wenn zumindest einigen
weiteren Anträgen der BfB und der FWG zugestimmt worden wäre. Das
Jahresergebnis verbessert sich auf ein Defizit von rund 7,6 Mio Euro.
Ein Defizit von 7,6 Mio Euro und das trotz drastischer Erhöhung der
Grundsteuer B und der Gewerbesteuer.
Meine Damen und Herren,
die Rolle der Opposition ist eine wichtige Rolle. Sie muß auf Versäumnisse
und Fehler hinweisen und dort unterstützen wo richtig gehandelt wird.
Genau das werden wir als BfB tun. Eine Opposition die kuschelt und als
Ersatzkoalition bereitsteht ist keine gute Opposition.
Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, da hat die Deutschland-Koalition in
ihrem Vertrag folgendes beschlossen, Zitat: „Hierbei streben wir einen
ausgeglichenen Haushalt an, es sollen keine neuen Schulden gemacht,
sondern diese schrittweise abgebaut werden.“ Und weiter: „Die Hebesätze,
unter anderem die Gewerbesteuer, bleibt stabil – ich wiederhole: bleibt
stabil ! Soweit sich die Möglichkeit ergibt, soll die Grundsteuer gesenkt
werden.“ Diese Vereinbarung wird bereits ein halbes Jahr später eklatant
gebrochen. Sie legen ein giftiges Paket unter den Weihnachtsbaum.
Die Anhebung beider Steuerarten in Bensheim ist ein verheerendes Signal für
die Bürgerinnen und Bürger und für die Firmen in Bezug auf die
Glaubwürdigkeit dieser Koalition. Politiker haben kein gutes Image – wir
sprechen gerade darüber warum das so ist.
Für uns ist es völlig unverständlich das die Grundsteuer B um satte 160
Punkte auf 640 Punkte angehoben werden soll. Jetzt erst 2023. Das ändert an
der Grundaussage aber nichts. Dadurch erhöhen sich die ohnehin hohen
Mietkosten in Bensheim, was von der SPD immer beklagt wird. Sie gehören
aber ab heute mit zu den Verantwortlichen dafür.
Die Grundsteuer B wird auf die Mieter umgelegt, zusammen mit den viel
höher werdenden Heizkosten ein schlimmes Signal an viele Haushalte. Die
Menschen, die wir zu vertreten haben, denen geht es in der Regel nicht so gut
wie den allermeisten hier im Saal. Und die trifft das richtig hart ! Neben den
Mietern trifft es auch die hart, die sich gerade noch so eine
Eigentumswohnung oder ein Haus leisten konnten.
Und die Generation Bensem (FDP): immer vollmundig im Einsatz für
ausgeglichene Haushalte, für Reduzierung der Schulden, gegen Erhöhung der
Steuern. Ich lobte dann die FDP, die gerade erklärt hatte, dass sie gegen den
Haushalt stimmt, muß dann aber das Lob zurücknehmen. Die FDP enthielt
sich nur und sicherte dadurch die Mehrheit für den Haushalt – an
Doppelzüngigkeit schwer zu überbieten.
Meine Damen und Herren,
es gibt jetzt Versuche, die Steuererhöhungen auf Versäumnisse der alten
Koalition abzuschieben. Dazu die Fakten aus dem HH 2020:
Der ordentliche Haushalt im Plus ! Der außerordentliche Haushalt im Plus !
Das Jahresergebnis wird mit gut 2,6 Mio Euro geplant. Der Finanzhaushalt
wird zum Jahresende 2020 mit gut 5,6 Mio Euro im Plus geplant. Alles wurde
natürlich beim Abschluss besser.
Kein Zinsrisiko vorhanden. Ein Kassenkredit mußte 2018 nicht aufgenommen
werden. Die Altfehlbeträge – 2014 lagen die bei sage und schreibe 25 Mio
Euro – vollständig abgebaut. Und die Kasse war gut gefüllt. Soweit dazu.
Meine Damen und Herren,
es fällt Ihnen jetzt auch auf ihren Fuß, dass Sie auf den Infrastrukturkosten-
zuschuss bei der Bebauung des Alten Stellwerkes/Dammstraße verzichtet
haben. Natürlich werden dort auch Kinder wohnen, was den sonst. Das haben
sie zu verantworten ! Die Kosten bleiben bei der Stadt.
Meine Damen und Herren,
so etwas gab es im Juli schon mal: eine Koalition bringt ihre Anträge im
HFA durch und lässt den Haushaltsplan scheitern. Da stimmt doch was
in der Systematik nicht ! Und deutlich wird, dass Sie mit der Arbeit des
hauptamtlichen Magistrats nicht zufrieden sind. Da besteht
Übereinstimmung !
Heppenheim senkt die Grundsteuer B ab 2022 von 370 auf 360 Prozent,
Heppenheim senkt die Gewerbesteuer von 380 % auf 360 % ab 2022.
Übersetzt bedeutet das, dass die Bensheimer Betriebe bei der Gewerbesteuer
30 und 2023 35 Punkte mehr bezahlen müssen als in Heppenheim. Das ist
eine gefährliche Spanne !
Bei der Grundsteuer B bedeutet das, dass man in Bensheim 280 Punkte mehr
bezahlen muß als in Heppenheim. Und geradezu lässig mit Blick natürlich auf
Bensheim lässt der Heppenheimer Bürgermeister verlauten: wir können die
Erhöhung der Kreisumlage bezahlen. Ja, man kann nicht Äpfel mit Birnen
vergleichen aber auch ja: hier klaffen mittlerweile Welten auseinander, die
deutlich machen, dass woanders gehandelt wurde.
Spätestens Mitte 2020 wo wir mit einem Zuschuss von 19 Mio Euro für die
ausgefallenen Gewerbesteuer gerettet werden mußten, hätte der
Finanzdezernent handeln müssen ! Und wenn der nicht gehandelt hätte
natürlich die Bürgermeisterin.
Und eines ist doch klar: Die große Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger
versteht unter HH-Konsolidierung nicht die Erhöhung der Grundsteuer
B und der Gewerbesteuer sondern Einsparmaßnahmen und Entscheidungen,
die in die Zukunft wirken und weniger Ausgaben verursachen werden.
Beispielweise die Klärung Verkauf des Anteils der TG Guntrum-Gelände und
beispielweise Klärung wie es mit der stark sanierungsbedürftigen TG Beauner
Platz weitergeht. Zu beiden Themen haben wir heute Anträge gestellt.
Herr Stadtrat Oyan,
Sie haben in ihrer HH-Rede darauf hingewiesen, dass die Geduld der
Kommunalaufsicht sich erschöpft, haben dann an mehreren Stellen
Vorschläge zum Sparen anklingen lassen oder zumindest Fragezeichen
gesetzt, aber keinen dieser Punkte im Haushalt umgesetzt. Keinen !
Und schlimmer: kein einziger der Punkte, die im HfA am 12.7.2021
beschlossen wurden ist umgesetzt worden. Die CDU hat sie deswegen im BA
vom 30.11.2021 zu Recht scharf kritisiert. Das sie auch anders können haben
sie zu Beginn ihrer Amtszeit bewiesen.
Übrigens orientieren sich die abgelehnten Anträge der BfB ganz klar am
Beschluss des HFA vom 12.7.2021 und natürlich an den Ausführungen der
Kommunalaufsicht !
Meine Damen und Herren,
es gibt eine Alternative zur Erhöhung der Steuern ! Stadtrat Oyan sagte, wir
müssen einen ausgeglichenen Haushalt 2023 vorlegen. Da gibt es mindestens
zwei Möglichkeiten dazu:
- Wir beschließen heute weitere Einsparvorschläge, auch einige Anträge von der BfB. Wir setzen für die Folgejahre ab 2023 eine Erhöhung der Steuern ein mit unserem klaren Ziel, dass wir im nächsten Jahr ein HH-Konsolidierungskonzept beschließen, dass diesen Namen verdient und die Steuererhöhungen überflüssig macht.
- Noch besser wäre es, wir verschieben die Verabschiedung des Haushaltsplanes auf die Februar-Sitzung 2022 und setzen bis dahin alles daran, dass da bereits die erforderlichen Maßnahmen im HH-Konsolidierungskonzept und Summen für die Folgejahre hinterlegt werden können. Und zusätzliche Einsparvorschläge der Fraktionen bis dahin kommen. Wir wären da dabei, aber für die Papiertonne arbeiten wir nicht. Dazu haben wir einen Änderungs-Antrag gestellt.
Meine Damen und Herren,
mit Stand Beratung des HFA wissen wir, das die Gewerbesteuereinnahmen
2021 deutlich höher liegen als im HH beschlossen. So um die 50 Mio Euro. Das
wird uns helfen.
Auf eine Frage der BfB zur Anerkennung des steuerlichen Querverbundes
wissen wir dass das Finanzamt ab 2017 die Anerkennung derzeit prüft. Das
wurde in den zurückliegenden Jahren immer anerkannt und es gab einen
Millionenbetrag für die Stadtkasse. Es gab dazu keine Gesetzesänderung. Das
wird uns helfen !
Den beiden Börsennotierten Unternehmen Sirona und ehemals Tyco geht es
sehr gut – nachzulesen bei deren Quartalszahlen auch im BA. Da lässt sich
etwas mehr als erwartet bei den Gewerbesteuerzahlen 2022 einplanen. Das
wird uns helfen.
Und dann müssen wir Einsparungen vornehmen, das
Haushaltskonsolidierungskonzept, die 10 Punkte aus dem HFA müssen
schlicht und einfach umgesetzt werden.
Und für die direkt vor uns liegende Zukunft: unser Stadt muß eine
Wertabschöpfung auf dem Sanner-Gelände durchsetzen. Da wird
Gewerbegebiet zu Wohngebiet in guter Lage. Da wird es geschätzt um die 300
Euro Gewinnsteigerung pro qm geben. Da gilt es im Interesse unserer Stadt zu
handeln und weniger darum schöne Bilder mit dem ehemaligen !
„Familienunternehmen“ zu produzieren!
Und die Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Punkte auf 395 % kann uns voll
auf die Füße fallen. Börsennotierte Unternehmen können steuerlich legal
Änderungen vornehmen die dazu führen, dass wir in Bensheim in den
nächsten Jahren trotz Erhöhung plötzlich weniger Gewerbesteuer haben.
Davor warnen wir ausdrücklich !
Meine Damen und Herren,
es geht natürlich nicht so, dass Sie beispielweise den Antrag der BfB zu den
Personalkosten ablehnen. Wir haben dort mit der 6monatigen
Wiederbesetzungssperre eine Maßnahme beantragt, die wir als Stadt im
ausgelaufenen Haushaltssicherungskonzept bei besseren Zahlen erfolgreich
angewendet haben. Das ist die Maßnahme zur praktischen Umsetzung des
Punktes Personalkosten im Beschluss HFA am 12.7.2021, das lehnen sie ab.
Sie leisten sich parteiisch geprägte Patzer.
Stattdessen beantragen Sie die Streichung einer Stelle, die mit einem
Sperrvermerk belegt und gar nicht besetzt ist, dieser Änderungs-Antrag ist
zum Glück von Ihnen zurückgezogen worden, den dahinter verbirgt sich eine
Pflichtaufgabe.
Sie haben am 12.7.2021 im HFA u.a. beschlossen, dass Immobilien auf den
Prüfstand gestellt werden und der Verkauf geprüft werden muß. Das ist eine
von vielen richtigen Maßnahmen. Zwei Anläufe dazu haben wir mit Anträgen
unternommen. Sie lehnen immer ab. Sie lehnen ab ohne eigene konkrete
Vorschläge zu machen.
Meine Damen und Herren,
wir haben als BfB-Fraktion keinen einzigen Antrag auf Steigerung der Kosten
gestellt sondern nur Kürzungen und strukturelle Änderungen vorgeschlagen.
Der notwendige Klimaschutz ist mit der Bundestagswahl nicht zu Ende.
Deshalb stimmen wir dem Antrag der Grünen auf Erhöhung der Ausgaben für
Photovoltaik-Anlagen zu. Und der Klimaschutztag könnte unter
Verantwortung der GGEW durchgeführt werden, wir haben dazu einen
Änderungs-Antrag gestellt.
Den Antrag der Koalition auf einen Sperrvermerk bei der Schönberger
Schloßmauer haben sie zurückgezogen, das war auch notwendig, denn die
Bauwerksüberprüfung ergab eine dauerhafte Beeinträchtigung der
Stützmauer.
Bei Ihrem Änderungs-Antrag zu den KITA-Gebühren bitten wir der
Stellungnahme der Verwaltung zu folgen. Da spricht einiges dafür, dass die
Erhöhungen erst ab August 2022 vorgenommen werden. Wir haben dazu
einen Änderungs-Antrag gestellt.
Ansonsten sehen wir bei den Einspar-Anträgen eine große Übereinstimmung
mit den Anträgen der Koalition und weisen aber ausdrücklich daraufhin, dass
da noch mehr möglich gewesen wäre.
Meine Damen und Herren,
die Koalition will 2024 den HH-Ausgleich schaffen und dann die Steuern
wieder auf das heutige Maß zurückführen, so steht es in ihrem HH-
Konsolidierungs-Antrag. Realität ist, dass Sie 2022 und dann nochmal 2023
die beiden Steuern erhöhen werden. Wer soll das also glauben ?, siehe ihr
Koalitionsvertrag – das glaubt Ihnen niemand.
Haben sie doch alle drei die Erhöhung der Steuern ausgeschlossen. Bei dem
HH-Konsolidierungskonzept werden wir uns aus dem Grunde enthalten, dass
die Grundlage des Antrages die Erhöhung der Steuern ist. Ansonsten hätten
wir zu diesem Punkte weitere Vorschläge gemacht, Stichwort: Stärkung der
Zusammenarbeit im Mittelzentrum Bergstraße, z. B. beim Bauamt mit
Zwingenberg, Einhausen und Lautertal. Es gibt da viele Punkte. Merkwürdig
ist Ihr Antrag für einen Immobilienfonds für die Dorfgemeinschaftshäuser –
was soll den daran attraktiv sein ? das ist eine gelbe Luftblase, bestenfalls
ein Taschenspielertrick.
Meine Damen und Herren,
wir können es schaffen, den Haushalt wieder ins Lot zu bringen und zwar
ohne Steuererhöhungen und ohne die guten Strukturen unserer Stadt zu
zerstören.
Zwei der Möglichkeiten dazu habe ich für die BfB aufgezeigt.
Entscheiden muß die neue Koalition. Wir als BfB sind dazu bereit daran
mitzuarbeiten im Interesse der Bensheimerinnen und Bensheimer.